Offen, ehrlich und direkt – so werden die Menschen im Ruhrgebiet beschrieben. Von diesem Schlag ist auch Bergmann Dirk Schoroth. Er begrüßt die Kunden im Freiraum, dem Sitz der Grubenhelden in Gladbeck, mit einem herzlichen „Glückauf“. Ohne Schnörkel ergibt sich mit dem 50-Jährigen ein sehr nettes Gespräch. Er teilt seine Geschichten aus 33 Jahren unter Tage so lebendig, als hätte man selbst an seiner Seite „geknüppelt“, wie er selbst sagt. Der Vater einer 23-jährigen Tochter gehört seit Mai 2019 zum Team Technik bei den Grubenhelden.
Dirk Schoroth begann 1986 seine Lehre zum Bergmechaniker auf der Schachtanlage Prosper-Haniel in Bottrop, seiner Heimatstadt. Nach der Lehrzeit wechselte er in den Abbau und war in den Hobel- und Walzenbetrieben tätig, 2009 wurde er zum Aufsichtshauer befördert und blieb sein gesamtes Berufsleben vor Kohle und immer auf dem gleichen Pütt. „Das war mein Leben“, sagt er rückblickend, wenn er von den bis zu Sieben-Tage-Wochen berichtet. „Du hast mit den Kumpeln mehr Zeit verbracht als mit deiner eigenen Familie. Bis zu zehn Stunden am Tag, auch am Wochenende.“ Dirk war außerhalb seiner eigenen Schichten als Mitglied der Grubenwehr im Ernstfall weiter für seine Kollegen vor Ort. Er erinnert sich an den Moment, als er selbst Hilfe benötigte: „Wir haben gegessen und ich habe mich an einem Stück Apfel verschluckt. Das Licht am Ende des Tunnels konnte ich schon sehen, bis mich geistesgegenwärtig ein Kumpel packte und von hinten um meinen Brustkorb zudrückte. Wäre ich alleine gewesen …? Das zeigt, egal wie hart die Arbeit war – es war dreckig, nass, staubig, warm und laut – die Kameradschaft war einmalig. Du warst eins!“, schwärmt er.
Prosper-Haniel war das letzte Deutsche Steinkohlebergwerk. Die letzte Kohle wurde im September 2018 gefördert, einen Monat später war auch für Dirk Schichtende. Gemeinsam mit wenigen Hundert Kumpeln raubte er das letzte Kohlerevier. Er gehörte zur Frühschicht, die den Kohlehobel demontierte, der heute blau und weiß lackiert auf dem Arenaring der Veltins-Arena auf Schalke steht – in Erinnerung an den Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet. „Ich war traurig, aber auch froh, dass es für mich gereicht hat“, blickt er heute auf die bewegende Zeit zurück. Nach kurzer Freizeitphase ist er nun in der Anpassung, was sich zunächst wie Urlaub angefühlt hat. Aber irgendwann wurde es langweilig und auch seine Lebensgefährtin meinte, es würde Zeit, dass er wieder was tut. Über Kumpel Christian, der für die Grubenhelden arbeitet, kannte er die Klamotten schon seit längerer Zeit. Ihm war klar, sollte sich Gründer Matthias Bohm für ihn entscheiden, würde er sofort dort anfangen. Heute nennt Matthias ihn „die gute Seele“ der Grubenhelden. Dirk unterstützt das Team Technik, das alles versucht so gut es geht umzusetzen, „was Matthias sich von heut‘ auf morgen in den Kopf gesetzt hat“.
Dirk kommt dabei zu Gute, dass er auch als Bergmann unter Tage immer schnell auf veränderte Situationen und Aufgaben reagieren musste. „Du hattest keinen Plan, den du abarbeiten konntest“, sagt er und gibt zu, „dass auch heute gelegentlich geprutscht wird.“ Wer Bergleute kennt, weiß aus eigener Erfahrung, dass auf ihre Arbeit immer Verlass ist – und das schätzen auch die Grubenhelden. Als Bergmann hat Dirk vor seiner fachspezifischen Ausbildung für den Untertagebetrieb alles Handwerkliche erlernt und sich im Berufsleben angeeignet, von dem das junge Unternehmen nun profitiert. „Nur dass ich heute statt Kohle abzubauen beispielsweise Garderoben für einen Pop-up-Store baue“, schmunzelt er. Auch den Shop im CentrO. hat er mit eröffnet und stand in voller Montur in Deutschlands größtem Shopping-Center: „Wir tragen die Geschichte, deren Teil ich bin, weiter. Immer wieder habe ich astreine Gespräche – egal ob mit ehemaligen Bergleuten oder anderen. Das ist eine feine Sache, den Leuten so davon erzählen zu können.“
„Einmal Bergmann, immer Bergmann.“ Die Arbeit bei den Grubenhelden ist für Dirk maßgeschneidert. Er weiß es zu schätzen, so jung, gesund und fit das Leben genießen zu können. Mit seiner Lebensgefährtin, die passenderweise mit Nachnamen Bergmann heißt, tourt er mit seinem E-Bike durch das ganze Ruhrgebiet. Dabei sind Touren bis zu 90 Kilometern keine Seltenheit: „Wir sind immer unterwegs. Hier gibt’s schöne und vor allem grüne Ecken – es muss nicht immer weit weg sein.“ Immer mit dabei ist Dirks Schnupftabak. Er hat nie geraucht, aber um Nase und Kopf freizubekommen und mal kurz dummes Zeug zu quatschen, gönnt er sich gerne eine Prise. „Danach geht die Arbeit auch wieder flotter von der Hand.“